Der uns hier vorliegende Violoncellobogen ist ein besonders feines Exemplar von dem größten aller Meister, François Xavier Tourte, aus der Periode um 1785.
Die Besonderheit liegt nicht nur in der außergewöhnlichen Qualität der Materialien und Ausführung, sondern auch in der völligen Unberührtheit des Bogens. Der Erhaltungszustand ist jenseits von perfekt, geradezu neuwertig, als wäre der Bogen heute fertiggestellt worden. Man spürt den Atem des Meisters in jedem Detail und einer Analogie mit der „Messiah“ Stradivari kann man sich nicht entziehen.
Der junge François Xavier zeigt in diesem Modell die schönste Ausführung eines Schwanenkopfes, auch „Col de Cygne“ genannt. Mit purer Eleganz, gepaart und kraftvollem Habitus, beeinflusst er noch fünfzig Jahre später die gesamte Peccatte-Schule um Dominique Peccatte, Joseph Henry und Pierre Simon.
Die Nase bleibt lang und voll, die Seiten des Kopfes pausbäckig, der hintere Teil des Kopfes ist ganz gerundet, vollständig ohne Fasen.
Die Stange ist aus einem hervorragenden goldbraunen Pernambukholz gearbeitet, von schönster Zeichnung und temperamentvoller Flammung. Die Dichte des Holzes, verbunden mit Flexibilität, Vitalität, Kraft und Perfektion in der Ausarbeitung, machen diesen Bogen spieltechnisch und klanglich zum Maß aller Dinge.
Das Kästchen im Stangenende ist auch wieder in Tourte’scher Manier gestochen und oberhalb dieses Kästchens sehen wir die römische Ziffer „I“, die mit der Ziffer „I“ auf der Froschbahn korrespondiert.
Ein Zäpfchen, wie es um 1790 Standard wurde, hat die Stange nicht.
Der Frosch ist aus Ebenholz bester Qualität, offen gearbeitet. Die Grundform verwendet François Xavier Tourte für die nächsten 10 – 15 Jahre immer wieder, dann montiert mit Froschring, Schieber und Zwickel.
Die Bahn ist konkav gestochen, das Kästchen „unterstochen“, so wie wir es durchgehend bei diesem Meister kennen.
Das hier besprochene Exemplar ist der „Nullpunkt“ des modernen Bogens, so wie wir ihn heute kennen. Trotz seiner 230 Jahre sehen wir ein Beispiel an Modernität und Perfektion, welches jetzt noch die Benchmark für jeden ambitionierten Bogenmacher darstellt. Ohne Übertreibung können wir sagen, dass es nur eine Handvoll Bögen von François Xavier Tourte gibt, die in ihrem Erhaltungszustand und Schönheit dem hier vorliegenden Exemplar entsprechen.
Stephan Jansen, Berlin / Isaac Salchow, New York City
Rachel Drehmann, New York City
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